Mitglieder des Kölner Kreises

Joseph Joos

(1878-1965)

Joseph Joos war einer der Vorgänger von Nikolaus Groß in der Redaktionsleitung der Verbandszeitung der KAB und danach als KAB-Vorsitzender des Westdeutschen Verbandes, aber auch als stellvertretender Zentrum maßgeblich für dessen Arbeit. Sie arbeiteten von 1927, der Einstellung von Nikolaus Groß bei der Westdeutschen Arbeiterzeitung, bis 1940, der Verhaftung von Joos, eng zusammen.

Joseph Joos wurde am 13.11.1878 bei Mühlhausen im Elsass geboren. Sein Vater war vom selbständigen Eisengießer zum Gelegenheitsarbeiter herabgesunken, so dass Joseph nach der Volksschule trotz Einser-Zeugnis eine Lehre als Modelltischler machte. Zum intellektuellen Ausgleich trat er dem katholischen Jünglingsverein bei, wo er die katholische Sozialarbeit kennen lernte. Er trat neu gegründetem Zentrum bei. 1901 gelang ihm ein Berufswechsel zur katholischen "Oberelsässischen Landeszeitung". Um seine formalen Bildungsdefizite auszugleichen, besuchte er Kurse des Volksvereins für das katholische Deutschland, einer Art katholischen Volkshochschule, und lernte dort seine Frau kennen. Dort, in Mönchengladbach, warb ihn Heinrich Brauns zur Westdeutschen Arbeiterzeitung als Hilfsredakteur ab. 1905 wurde er Nachfolger des Chefredakteurs Johannes Giesberts, der für das Zentrum in den Reichstag einzog.
Joos verstand sich als Vertreter des Konzeptes der katholischen Arbeitervereine, die er als Ort der Bildung in politischen, sozialen und religiösen Fragen verstand. Er sah sich nicht als christlichen Gewerkschaftler. Daher hielt er das Blatt, anders als der leidenschaftliche Verteidiger der überkonfessionellen Gewerkschaften Giesberts, aus dem Gewerkschaftsstreit heraus, bei dem es um die Frage ging, ob es katholischen Arbeitern erlaubt sei, sich in einer überkonfessionellen Gewerkschaft, ohne klerikale Leitung, mit Nicht-Katholiken zusammen zu schließen.
Bis 1918 bejahte er die Monarchie, wenn er auch der Meinung war, dass die Arbeiterschaft besser in den Staat integriert werden müsse. Daher trat er auch für die Abschaffung des preußischen Dreiklassenwahlrechts ein. Im 1. Weltkrieg erhob er in der Westdeutschen Arbeiterzeitung keine maßlosen Kriegszielforderungen und unterstützte folgerichtig ab 1917 die heftig umstrittene Friedensresolution seines Parteikollegen Matthias Erzberger. Er lehnte ein Zusammengehen des Zentrums mit den Konservativen ab und setzte sich nach der Abspaltung der Linkssozialisten für eine positivere Bewertung der MSPD ein.

Daher war es nur folgerichtig, dass er sich zu einem entschiedenen Befürworter der Weimarer Republik entwickelte. Er verteidigte sie gegen die Dolchstoßlegende. 1919 vertrat er das Zentrum in der Weimarer Nationalversammlung und ab 1920 bis 1933 im Reichstag für den Wahlkreis Düsseldorf, ab 1924 für Köln-Aachen.
Joos zählte zum republikanischen Flügel des Zentrums und setzte sich für die Weimarer Koalition aus SPD, DDP und Zentrum ein. Als Ausdruck dessen war er ab 1926 Mitglied im Vorstand des Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold, einer Schutztruppe der republikanischen Weimarer Parteien. Für die Ausgleichspolitik mit den ehemaligen Kriegsmächten trat er immer ein, besonders für eine Annäherung an Frankreich. Doch galt er trotz seiner klaren Positionierung als eine Person des Ausgleichs innerhalb des Zentrums. Dennoch unterlag er 1928 bei der Neuwahl des Zentrumsvorsitzenden gegen den Prälaten Ludwig Kaas, der das Zentrum aus seiner Krise nach den intern heftig umstrittenen Bürgerblockregierungen mit den monarchistischen Deutschnationalen heraus führen sollte. Er widmete sich dann stärker der katholischen Arbeiterbewegung, beteiligte sich an der Gründung des Reichsverbandes der KAB, der die Landesverbände zusammen fasste, und an der Errichtung einer katholischen Arbeiter-Internationale, deren Vorsitzender er wurde.
Als 1930 die Große Koalition auseinanderbrach, gab er den Flügelparteien SPD und DVP gleichermaßen die Schuld daran und unterstützte in der Folgezeit die Politik des neuen Zentrums-Reichskanzlers Heinrich Brüning bedingungslos. Von dessen Konservativismus fühlte er sich angezogen, woraus man eine gewisse Enttäuschung über die Politik der Weimarer Parteien heraus lesen kann. Nach dem Sturz Brünings 1932 lehnte er das Kabinett des Zentrumsabtrünnigen von Papen heftig ab, da es über keine parlamentarische Basis verfügte. Aus dieser Gegnerschaft erklärt sich, dass er sich um eine Koalition mit der NSDAP bemühte und an den entsprechenden Verhandlungen teilnahm. Sie scheiterten an den Forderungen der Nationalsozialisten. Als bei den Novemberwahlen 1932 die NSDAP erstmals leicht zurückging, reagierte er erleichtert. Während der folgenden Regierung des Generals von Schleicher kehrte er zu seiner ursprünglichen strikten Ablehnung der NSDAP zurück und war auch an weiteren - ergebnislosen - Verhandlungen zwischen NSDAP und Zentrum nicht mehr beteiligt.

Die "Machtergreifung" am 30.1.1933 kommentierte er in der KAB-Zeitung als 30.1.33 als "Tag der Entzweiung" durch den Sieg des "nackten Parteigedankens". Er zeigte seine Ablehnung auch öffentlich, als er beispielsweise am 8.3.1933 beim neuen preußischen Ministerpräsidenten Göring gegen das Hissen der Hakenkreuzfahne aus öffentlichen Gebäuden in Köln protestierte. Die Nationalsozialisten antworteten mit einem anders begründeten 3-wöchigen Verbot der KAB-Zeitung. Aufgrund dieser Erfahrungen lehnte er am 23.3.1933 bei der internen Probeabstimmung der Zentrumsfraktion das Ermächtigungsgesetz ab, stimmte im Reichstag aber aus Fraktionsdisziplin dafür.
Nach der Selbstauflösung des Zentrums im Juli 1933 widmete sich Joos der Redaktions- und Verbandsarbeit der KAB. Er warb für sie freie Mitarbeiter, um neue Autoren zu gewinnen. Als zentrale Aufgabe der Zeitschrift sah er es an, den katholischen Mann und Arbeiter zu befähigen, im Glauben festzustehen und ihn auszurüsten für die Lebensaufgaben in Beruf, Familie und "deutscher Volksgemeinschaft". Er unternahm mehrfach Auslandsreisen und wurde deswegen öfters von der Gestapo verhört.
Im Juni 1940 wurde Joos aufgrund einer Denunziation verhaftet, weil er es nach dem 1. Weltkrieg versäumt hatte, als Elsässer die deutsche Staatsangehörigkeit zu beantragen. Dahinter standen persönliche Spannungen und politische Meinungsverschiedenheiten mit Teilen des Kolpingwerkes, die anders als die KAB einer Aussöhnung mit dem Nationalsozialismus das Wort redeten. Nach fehlgeschlagenen Befreiungsbemühungen wurde er ins Ausländer-KZ Dachau eingeliefert, wo er das Ende des Dritte Reiches überlebte.

Aus dem KZ wurde er nach Frankreich entlassen und kehrte erst mit der Gründung der Bundesrepublik nach Deutschland zurück. Er widmete sich dann dem katholischen Männerwerk und der KAB

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Vera Bücker

Literatur

Kölner Kreis